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Montag, 23. März 2009

"Durch diese hohle Gasse muss er kommen, es führt kein anderer Weg zum Silbersee..."

Als pflichtbewusster Deutscher informiere ich mich trotz Auslandsaufenthaltes regelmäßig über das aktuelle Geschehen in meinem Heimatland; meist über das Internetportal der ARD, dessen Newsletter ich als RSS-Feed abonniert habe.

Nun las ich gestern neben all den Schwermut schürenden Weltuntergangsmeldungen allerdings folgende Meldung: "Schweizer Minister gibt aus Protest Mercedes zurück"

Auwei! Das trifft die deutsche Wirtschaft geradewegs mitten ins ohnehin schon blutig gerissene Herz. Schelmische Schweizer—sonst so neutral—habt ihr denn kein Mitgefühl? Da tragt ihr mit vielzitierten anonymen Nummernkonten bereits munter zur Krise bei, und nun dieses!

Doch nicht nur die Schweizer, sondern auch andere sprechen über die Äußerungen Steinbrücks:

"Auch Don Watahomigie, Häuptling der Havasupai-Indianer in Arizona, sprach in einem Interview mit der Zeitung "Sonntag" über die Äußerungen Steinbrücks. 'Der deutsche Politiker hat offenbar keine Ahnung, wovon er spricht.' Zum Indianer-Vergleich sagte er: 'Wir Havasupai hinterziehen keine Steuern, und wir helfen niemandem, das zu tun. Was der Deutsche sagt, ist eine Beleidigung mitten ins Gesicht der Ureinwohner Amerikas.'"

Ja, was bleibt uns Deutschen denn dann noch? Hitlervergleiche gehn ja schon lange nicht mehr (huhu, Brigitte Z.), geschweige denn Vergleiche mit jedweden in Deutschland lebenden Minderheiten. Deutschland liegt vergleichsweise weit hinten, was seine Vielfalt an Vergleichsmöglichkeiten angeht.

Alles in Allem frage ich mich jedenfalls ernsthaft, ob ich nach Semesterende nicht einfach in den Staaten bleiben soll. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass Steinbrück mangels diplomatischen Geschicks den Konflikt verschärft und mit weiteren Kommentaren dieser Art den ersten indianischen Angriffskrieg der Geschichte provoziert. Die meisten Indianer dieser Welt leben immer noch in den USA, und im Kriegsfall bin ich dann doch lieber auf der Seite der Gewinner...

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hier ist das gesamte Interview mit dem Havasupai-Häuptling nachzulesen:

http://www.hossli.com/articles/2009/03/22/eine-beleidigung-der-ureinwohner-amerikas/

Joe Weis hat gesagt…

Ich bin's ja mittlerweile gewohnt, dass metaphorische Fürze auf wörtliche Goldwaagen gelegt und ihrer Metaphorik beraubt werden. Oder, mit anderen Worten: Bass uff wasde sagst, irgendwer wird's dir schon krummnehmen.

Dass sich aber ein Indianerhäuptling über einen Vergleich des deutschen Finanzministeres echauffiert, welcher ganz offensichtlich auf die Situation der Schweizer gemünzt war (und nicht auf die der Indianer), schlägt dem Fass den—jawohl!—metaphorischen Boden aus.

Ich verstehe zwar, dass Sprache stets Politik macht; und ich bin darüber hinaus der Meinung, dass Chauvismus oder Rassismus heimlich und unbemerkt via Wortwahl in der Alltagssprache überleben. Aber man möge doch bitte die Kirche im Dorf lassen.

Aus demselben Grund werde ich mich nebenbei bemerkt nie dazu durchringen können, von "Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuern bzw. Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuerinnen" zu schreiben. Das ist aber eine andere Geschichte, und die wurde an anderer Stelle bereits sehr ausführlich geschildert:

(http://www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm)